Mit Inkrafttreten der Kassensicherungsverordnung im Januar 2020 hat sich zwar grundsätzlich an der Behandlung von Gutscheinen nichts geändert, allerdings wurde die Aufgabe, Gutscheine zu beurteilen, durch die direkte Absicherung auf der TSE deutlich nach vorne verlagert, nämlich auf den Zeitpunkt der Erfassung am Kassensystem.
Mit Hinblick auf die Einführung der PSD2 (bzw. der deutschen Entsprechung, dem ZAG), gibt es eine dritte Art von "Gutschein", die "Guthabenkarte". Letztere kann unter bestimmten Voraussetzungen behandelt werden wie ein (unbares) Zahlungsmittel.
Da die korrekte Konfiguration des Kassensystems immer wieder zu viel Diskussion zwischen Steuerpflichtigen, Steuerberater und Kassenhändlern/Kassenaufstellern führt, soll der folgende Artikel die Hintergründe der verschiedenen Gutscheintypen erläutern. Die Entscheidung, wie die Kassen letztlich konfiguriert werden soll, obliegt dem Steuerpflichtigen in Verbindung mit seinem Steuerberater. Es gibt bei den Gutscheinen keine "richtige" oder "falsche" Konfiguration, es gibt mehrere Möglichkeiten mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen.
Die unterschiedlichen Gutscheintypen
Grundsätzlich gibt es drei Typen, die man unterscheiden muss: Einzweckgutscheine, Mehrzweckgutscheine und Guthabenkarten.
Einzweckgutscheine
Die Einzweckgutscheine sind aus steuerlicher Sicht der einfachste Fall. Einzweckgutscheine können nur verkauft werden, wenn zum Zeitpunkt des Verkaufs der USt-Steuersatz bereits feststeht. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Gutschein für einen Cocktail ausgegeben wird. Der Cocktail wird mit 19% besteuert, egal wann der Gutschein eingelöst wird und egal ob "im Haus" oder "außer Haus". Der Steuerpflichtige muss den Einzweckgutschein sofort versteuern. Auf der Rechnung wird beim Verkauf der Betrag des Gutscheins mit ausgewiesener Mehrwertsteuer als normale "Artikelposition" angegeben. Auch auf der TSE wird der Gutschein mit dem entsprechenden Steuersatz abgesichert. In den Auswertungen (wie z.B. dem Tagesabschluss) wird der Verkauf eines Einzweckgutscheines bei den 19%igen Umsätzen geführt. Wird ein solcher Verkauf storniert, so stellt die einen "ganz normalen Storno" von Umsatz dar.
Beim Einlösen eines Einzweckgutscheins kann dies nur gegen die zuvor festgelegte Leistung (dem Cocktail) erfolgen. Nur so ist gewährleistet, dass auch wirklich der Korrekte, bereits Abgeführte, Steuersatz verrechnet werden kann. Auf der Rechnung wird der eingelöste Einzweckgutschein wiederum als normale Artikelposition mit ausgewiesener Steuer aufgeführt, diesmal allerdings mit negativem Vorzeichen. Dies führt also zu einer Verminderung der Umsatzsteuer auf dieser Rechnung. Da die Leistung aber ebenfalls mit korrektem Steuersatz erfasst ist (im Beispiel, also der Cocktail mit 19% Steuer), wird beim Einlösen eines Einzweckgutscheins keine Steuer mehr ausgewiesen. Diese wurde beim Verkauf des Gutscheins bereits ausgewiesen. Die Absicherung auf der TSE erfolgt ebenfalls mit negativem Vorzeichen und dem entsprechenden Steuersatz. In den Auswertungen wird die Einlösung eines Einzweckgutscheines als negativer Umsatz mit dem entsprechenden Steuersatz aufgeführt. Wurde also an diesem Tag nur der eine Cocktail verkauft und komplett mit einem Einzweckgutschein bezahlt, ist der Gesamtumsatz brutto an diesem Tag 0,00€. Um es noch etwas komplizierter zu machen, würde ein Storno einer Gutscheineinlösung ebenfalls wieder in den Umsatz gebucht werden, würde also den Gesamtumsatz erhöhen (ein negativer Umsatz wird storniert).
Mehrzweckgutschein
Mehrzweckgutscheine sind deswegen deutlich komplizierter in der Anwendung, weil sie sich in der Praxis fast nicht von einem Zahlungsmitteltausch einer Guthabenkarte unterscheiden lassen. Bei einem Mehrzweckgutschein steht der Steuersatz der Leistung zum Zeitpunkt des Verkaufs noch nicht fest. Das Paradebeispiel ist der 50€ Gutschein im Restaurant, der sowohl für Speisen (7% USt) also auch Getränke (19% USt) eingelöst werden kann. Umgangssprachlich "bezahlt" man einen Teil der Rechnung mit einem Gutschein. Buchhalterisch ist dies leider nicht ganz korrekt.
Beim Verkauf eines Mehrzweckgutscheins entsteht eine Forderung des Kunden gegenüber dem Verkäufer des Gutscheins. Der Kunde hat Anspruch auf die künftige Leistung. Das Entstehen dieser Forderung ist ein Geschäftsvorfall, weil sich die Vermögenszusammensetzung des Unternehmers verändert. Da der Steuersatz noch nicht feststeht, wird der Verkauf als "Umsatz" mit 0% Steuersatz betrachtet. Der Unternehmer muss also die Forderungsentstehung noch nicht versteuern. Auf der TSE wird dieser Vorgang genau so abgesichert, der Gutscheinbetrag wird mit 0% Steuer verbucht. Auf der Rechnung für den Kunden wird der Verkauf eines Mehrzweckgutscheins als Artikelposition mit 0% Steuerausweis aufgeführt. Der für viele Unternehmer schwierige Teil ist, dass der Verkauf eines Mehrzweckgutscheins "Umsatz" mit 0% Steuer ist. Er erhöht also direkt den Gesamtumsatz für diesen Tag in den Auswertungen.
Beim Einlösen eines Mehrzweckgutscheins laufen jetzt alle Buchungen wie beim Verkauf nur mit umgekehrten Vorzeichen. Die Forderung (des Kunden an den Verkäufer) wird aufgelöst. Der eingelöste Mehrzweckgutschein wird als Artikelposition mit 0% Steuer und negativem Vorzeichen auf der Rechnung aufgeführt. Die Leistung wird auf der Rechnung mit den jeweiligen Steuersätzen aufgeführt, sodass der eingelöste Mehrzweckgutschein zwar den Rechnungssaldo reduziert, nicht aber die Steuerlast. Auf der TSE wird das Einlösen eines Mehrzweckgutscheins ebenfalls wieder als negativer Betrag mit 0% Steuer abgesichert. Schwierig für den Unternehmer sind wiederum die Auswertungen. Auch beim Einlösen wird der Mehrzweckgutschein in den "Umsatz" (mit 0% Steuer) mit negativem Vorzeichen gebucht. Er reduziert also den Gesamtumsatz. Werden also an einem Tag alle verkauften Artikel (z.B. Speisen und Getränke in einem Restaurant) mit Mehrzweckgutscheinen bezahlt, so erhält man in den Auswertungen einen Gesamtumsatz (brutto) von 0,00€. Noch verwirrender ist in diesem Fall, dass der Gesamtumsatz netto negativ ist. Erst "in der Buchhaltung" erkennt man dann, dass man trotzdem Steuern abführen muss.
Die große gedankliche Hürde ist, dass in der Vergangenheit mit Mehrzweckgutscheinen im Allgemeinen umgegangen wurde, wie mit "Bargeld". Es war also ein Zahlungsmittel und wurde nicht als Geschäftsvorfall angesehen und nicht in den Umsatz gebucht, weder beim Verkauf noch bei der Einlösung. Da die KassenSichV das Kassensystem jetzt durch die direkte Absicherung auf der TSE zwingt, den Gutschein direkt steuerlich einzuordnen, muss die Entscheidung über die steuerliche Würdigung eines Gutscheins deutlich früher und ohne "Hilfe" durch einen Steuerberater getroffen werden.
Guthabenkarte
Eine Anfrage beim BMF hat ergeben, dass das "alt bekannte Verhalten", dass ein Gutschein ja eigentlich ein Zahlungsmittel ist, sich zwar für einen Gutschein nicht umsetzen lässt, wohl aber für eine Guthabenkarte (oder einen Zahlungsdienst i.S.d. Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015; da wollen Sie aber nicht hin!). Für eine Guthabenkarte gilt eine wichtige Einschränkung: Sie muss jederzeit und voraussetzungslos gegen den ursprünglichen bzw. den noch nicht verwendeten Betrag zurückgetauscht werden können. "Voraussetzungslos" schließt zum Beispiel übliche Formulierungen wie "Gutscheine nur beim min. 30€ Umsatz" oder aber "Kreditkartengebühr wird einbehalten" aus. Auch kann ein Zahlungsmittel nicht mit einem Ablaufdatum versehen werden und sie sollten auch nicht als "Gutschein" bezeichnet werden. Wenn Sie Guthabenkarten bei sich einsetzen, dann können Sie diese in der Kasse "wie früher" als unbares Zahlungsmittel geführt werden. Auf der Rechnung werden diese Zahlungsmittel dann nicht als Artikelposition, sondern nur bei den Zahlungsmitteln, sowohl bei Verkauf (mit negativem Vorzeichen) also auch beim Einlösen. Da Zahlungsmittel naturgemäß keinem Steuersatz zugewiesen werden können, gilt automatisch der Steuersatz der verkauften Artikel beim Einlösen. Guthabenkarten tauchen in den Auswertungen nicht im Umsatz auf, sondern bei den unbaren Zahlungsmitteln.